Mein Text „Kirchliche Trauung für alle?“ war für einen Gemeindebrief-Artikel ungewöhnlich lang, jedoch nicht ausführlich genug, um Missverständnisse auszuschließen. Ich möchte deshalb auf einige Rückfragen reagieren, die mich erreicht haben.
Ein persönliches Statement… Und wie denkt der Kirchengemeinderat?
Der Kirchengemeinderat hat bereits im Jahr 2015 im Rahmen eines Klausurwochenendes ausführlich über das Themenfeld beraten. Dabei wurde deutlich, dass es in der Sicht auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften einen klaren Konsens im Gremium gab, sie einerseits nicht der Ehe gleichzustellen, andererseits aber auch nicht zu diffamieren.
Ich zitiere dazu den Abschnitt 5 unseres Positionspapieres „Auf ein Wort“, das damals verabschiedet wurde (veröffentlicht in „Das Kirchenfenster 2015 Heft 2“)
Der Mensch ist als Mann und Frau geschaffen. Dieses Gegenüber ist Gottes gute Schöpfungsgabe.
Wir stehen ein für die Ehe von Mann und Frau. Sie ist für jede Gesellschaft grundlegend. Das aus dieser Gemeinschaft geschenkte Leben von Familien soll gefördert werden.
Wir stehen auf für die Stärkung der Ehe und gegen ihre Entwertung. Zugleich wenden wir uns gegen eine Diffamierung von Menschen in anderen Lebensformen.
Die einzelnen Abschnitte von „Auf ein Wort“ wurden im Herbst 2015 durch Veranstaltungen vertieft, das Thema „Homosexualität und Bibel“ in einem gut besuchten Vortrag mit Professor Dr. Härle. (Vgl. Kirchenfenster 2015 Heft 3). Auf präzisierende KGR-Stellungnahmen zu diesem Themenfeld haben wir bewusst verzichtet, um den Dialog in der Gemeinde offen zu halten und damit zu fördern. Ganz in diesem Sinne verstehe ich auch meinen Artikel im letzten Kirchenfenster. Und ganz in diesem Sinne ist fürs nächste Kirchenfenster ein Beitrag mit abweichender Meinung eingeplant.
„Wer die Bibel als Argument gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften anführt, bewegt sich auf dünnem Eis“. Kann man so die Bibel-Stellen zur Homosexualität beiseite schieben?
Ich bedaure sehr, dass dieser Eindruck entstanden ist. Jener Abschnitt ist viel zu knapp ausgefallen; der Blick in die Bibel hätte mehr Raum verdient. Schließlich entstand meine Haltung zu unserer Fragestellung nicht durch ein Weglassen der biblischen Belege, sondern – im Gegenteil – durch den genaueren Blick auf besagten Textstellen.
„Dünn“ ist das Eis auch nicht, weil es nur 6 Stellen in der Bibel gibt – denn es kommt nicht auf die Quantität von Aussagen an, sondern auf deren Gehalt.
Dazu zwei Beobachtungen: (1) Es geht in den Bibeltexten nicht um eine Lebensform, sondern um eine Form des Geschlechtsaktes, die abgelehnt wird. (2) Die biblischen Texte haben beim homosexuellen Geschlechtsakt nach meiner Überzeugung nicht liebevolle Zärtlichkeit, sondern eine maßlose sexuelle Gier vor Augen, wie sie zum Beispiel in antiken, heidnischen Orgien üblich war.
Man bewegt sich aus meiner Sicht tatsächlich „auf dünnem Eis“, wenn man generell das verbindliche Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Partnern anhand dieses biblischen Befundes ablehnt.
Näheres zu den Bibeltexten finden Sie in diesem lesenswerten Artikel von Professor Siegfried Zimmer, (erschienen in“anstösse 1/2018″). Er ist uns in Gomaringen als Prediger der Jungen Abendkirche bekannt.
Wollen Sie jetzt in Gomaringen eine kirchliche Segnung der Homo-Ehe einführen?
Ausdrücklich Nein! Dafür gibt es kein biblisches und auch kein kirchenamtliches Mandat. Der Absatz in meinem Artikel, dass auch ein gleichgeschlechtliches Paar von Gottes Segen lebt, zielte nicht auf die Einführung einer neuen kirchlichen Amtshandlung. Es geht mir ganz schlicht um ein Gebet mit abschließenden Segenswort – wie wir es auch in anderen Lebenssituationen praktizieren, privat wie auch im Gottesdienst. Wenn ich Erstklässlern den Segen Gottes zuspreche, dann verleihe ich damit der Schule keine besonderen geistlichen Rang. Und wenn ich kranken Menschen Gottes Geleit zuspreche, die eine Operation vor sich haben, weihe ich damit nicht das Krankenhaus.
Ähnlich gilt das auch bei Menschen, die einen neuen Lebensraum betreten, sei es ein Auslandsaufenthalt, ein neuer Beruf, ein Umzug an einen neuen Ort oder auch eine verbindliche Lebensgemeinschaft, die gewissermaßen als neuer Raum betreten wurde. Immer geht es vorrangig um die Menschen, nicht um die Institution.
Das ist aus meiner Sicht etwas erkennbar anderes als die Trauung von Mann und Frau. Sie beginnt mit den Worten: „Und nun tretet vor Gottes Altar und bekennt euch vor Gott und dieser christlichen Gemeinde zu seiner heiligen Ordnung (sprich: der Ehe) und empfangt seinen Segen“….
Dennoch: Da mein Vorschlag eines schlichten Segenszuspruches nicht nur seelsorgerliche Situationen, sondern auch den Gottesdienst betrifft, wäre es besser gewesen, zuvor auch den Kirchengemeinderat zu befragen. Dies wird noch geschehen.
Eine lesenswerte Darstellung, weshalb bei gleichgeschlechtlichen Paaren keine Segenshandlung im Stil einer Trauung vollzogen werden sollte, findet sich in der Broschüre „Trauung für alle“ des Tübinger Albrecht-Bengel-Hauses,
Mit herzlichem Gruß
Ihr Peter Rostan