Mission

Die Liebe Gottes – mit Rezept

Ein Gespräch mit der Missionarin Elisabeth Schenk

Die Gomaringerin ist als Apothekerin in Tansania tätig, jetzt verbringt sie einige Monate im Auftrag ihres Missionswerkes in Deutschland.

Frau Schenk, sie waren nun insgesamt 12 Jahre als Apothekerin in Tansania.

Ja, seit 2003 zunächst für 6 Jahre in Dodoma, der amtlichen Hauptstadt von Tansania, dann nach einer längeren Zwischenphase nochmals für 6 Jahre in der Kleinstadt Manyoni. Beide Orte liegen etwa 140 km auseinander, im Zentrum von Tansania.

Was genau machen Sie? Was sind Ihre Aufgaben?

Kurz gefasst: den Menschen die Liebe Gottes nahebringen und ihnen das Evangelium von Jesus erzählen. Konkret geschieht das in den Bereichen Gesundheitswesen und Gemeindearbeit.
In Dodoma leitete ich eine schon lange bestehende Apotheke, die von der anglikanischen Kirche gegründet wurde. Daneben unterrichtete ich an einer Bibelschule zum Thema Kindergottesdienstarbeit. Beide Schwerpunkte begleiten mich bis heute.
In Manyoni konnte ich erneut in Zusammenarbeit mit der anglikanischen Kirche ein neues Gesundheitszentrum aufbauen, beginnend mit einer Apotheke, die nun seit 5 Jahren die Menschen mit Medikamenten versorgt. Die Arztpraxis und das medizinische Labor stehen nach langem Planungs- und Genehmigungsprozess nun kurz vor der Inbetriebnahme. Daneben war ich für die Apotheke des kirchlichen Krankenhaus verantwortlich, das etwa 25 Kilometer entfernt liegt – viel zu weit für den täglichen Bedarf in Manyoni.
In Sachen Kindergottesdienst schule ich Mitarbeiter, Katecheten, Vikare, Pfarrer und deren Ehefrauen, schreibe Anspiele zu biblischen Geschichten, unterstütze die Kinderkirchwochenenden der Diözese (mit jeweils etwa 1000 Kindern) und gestalte regelmäßig die Kinderkirche in meiner Gemeinde vor Ort.
Da meine Diözese in Partnerschaft zu den deutschen Kirchenbezirken Bernhausen und Bad Urach steht, war es für den Bischof naheliegend, mir die Kontaktpflege und Organisation von Begegnungen zu übertragen. Daneben bin auch noch Mentorin und Ansprechpartnerin für deutsche Kurzzeitmitarbeiterinnen der DMG, die im Rahmen des Internationalen Jugend-Freiwilligendienstes in unseren kirchlichen Kindergärten arbeiten.

Wenn Sie auf die letzten 3 Jahre zurückschauen – was ist besonders gelungen?

Ich bin dankbar und auch ein wenig stolz, dass sich die Apotheke so gut etabliert hat. Sie ist der einzige Ort in Manyoni, wo man ein Kassen-Rezept einlösen kann. Und ein Ort, an dem sehr konkret die Liebe Gottes erfahren wird. Dass jetzt daraus ein echtes Gesundheitszentrum wird, erfüllt mich mit Freude.
In der Kindergottesdienstarbeit erlebe ich den direkten Umgang mit den Kindern vor Ort als besondere Bereicherung. Inzwischen gibt es in allen vier Teilgemeinden eine stabile Kinderkirche.

„Spender sind wie Aktionäre, sie gieren nach Erfolgsstorys“, las ich vor kurzem in einem Artikel über Fundraising. Sie leben von Spenden. Wie gehen Sie mit dem Erfolgsdruck um?

Ich versuche meinen Dienstauftrag nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Rundbriefe zu schreiben ist leider nicht meine Sache, sie erscheinen viel zu selten. Dafür versuche ich meine finanziellen und Gebet-Unterstützer per Email, über Skype und inzwischen auch per Whatsapp auf dem Laufenden zu halten.

Sie leben als schwäbische Minderheit in einer fremden Kultur… Kennen Sie Phasen der Einsamkeit und des Heimwehs?

Heimweh eigentlich nicht, Einsamkeit auch nur ganz selten und wenn, dann nur sehr kurz. Dazu habe ich zu viele Freunde in Manyoni. Besonders wertvoll ist mir der Kontakt zur Pfarrfamilie in Manyoni, sowie der Familie eines Bibelschullehrers beim kirchlichen Krankenhaus. Dort bin ich Patin von zwei Jungs, die von ihren Eltern die deutschen Vornamen Friedemann und Frank erhielten. Auch das vermittelt mir Heimatgefühle. Und, nicht zu vergessen, die bleibende Freundschaft zum Pfarrer mit Familie in Dodoma, über die ich ursprünglich nach Tansania gekommen bin. Allerdings komme ich leider viel zu selten dorthin.
Gegen Heimweh helfen übrigens auch Besuche, die ich aus der Heimat bekommen. Und wenn unsere Kurzzeitler bei ihrer Ankunft in Manyoni kein Schwäbisch verstehen, dann lernen sie’s in ihrer Zeit dort…

Wenn nicht das Heimweh – womit haben Sie sonst persönlich zu kämpfen?

Afrikaner sind, wenn man das verallgemeinern darf, erfrischend direkt und offen, damit aber auch unbekümmert in ihrer Neugierde. Als Ausländerin lebe ich gewissermaßen auf dem Präsentierteller, werde bei jedem Schritt beobachtet. Es wird registriert, wann ich das Haus verlasse und bei welchem Schneider ich ein Kleid in Auftrag gebe. Man gewöhnt sich daran – und erkennt erst im Rückblick, wenn man wieder in Deutschland ist, wie anstrengend dieser Aspekt ist.

Aber weitaus belastender ist natürlich der stete Umgang mit Menschen, die in tragischen Verhältnissen leben – vor allem, wenn eine persönliche Beziehung zu ihnen gewachsen ist. Es lässt einen nicht kalt, wenn gute Freunde leiden müssen.

Afrika ist bekannt für Missmanagement und Korruption. Sicher gibt es immer wieder enttäuschende Erfahrungen angesichts unnötiger Verzögerungen und Rückschläge, verursacht durch Schlendrian oder Eigennutz. Dann möchte man am liebsten alles hinschmeißen. Kennen Sie das Gefühl?

Ja, wer kennt dieses Gefühl nicht? Ich denke, dazu braucht man nicht unbedingt nach Afrika zu gehen. In solchen Situationen ist es gut, wenn man verlässliche Freunde hat, mit denen man beten kann und die einem als Vorbild dienen können, wenn Frust sich breitmacht. Mir wird dann bewusst: Wenn schon ich mich über Fehlentwicklungen ärgere, wieviel mehr müssen meine afrikanischen Freunde darunter leiden? Es ist enorm beeindruckend, wie duldsam und leidensfähig die einheimischen Christen sind. Sie richten mich auf und erinnern mich daran, dass man nach dem Hinschmeißen auch noch Scherben aufsammeln muss…

Außerdem sollte nicht verschwiegen werden, dass der aktuelle Präsident Dr. John Magufuli auf durchaus glaubwürdige Weise die Korruption bekämpft.  Er ist katholischer Christ. In Tansania gibt es die Tradition, dass das Präsidentenamt zwischen Muslimen und Christen wechselt. Ich höre immer wieder, dass diese Wechsel jeweils einen spürbaren Einfluss auf den Grad der Korruption hätten, der im Land herrscht. 

Welchen Herausforderungen begegnen Sie speziell im Gesundheitswesen?

Die große Anzahl an HIV-Infizierten ist nach wie vor eines der größten Probleme Afrikas. Das Sterben von Menschen, die im besten Alter sind, ist schlimm genug. Doch da sind auch noch die zahllosen Waisen, die übriggebleiben und dann in Patchwork-Famlien oder auch in schwersten Bedingungen aufwachsen. Denn die HIV-Opfer sterben meist, nachdem sie bereits Eltern geworden sind. Viele bekommen sogar weiterhin Kinder, obwohl sie längst um ihre Krankheit wissen.
Außerdem machen uns die Krebserkrankungen Sorge. Es liegt nicht nur an der verbesserten Diagnostik, dass zunehmend Karzinome und Sarkome erkannt werden. Ich fürchte, dies ist auch eine Folge des nach wie vor ungebremsten Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft. Auch die vielen Lebensmittel-Fertigprodukte, die in den letzten Jahren die herkömmlichen Nahrungsmittel ersetzt haben, fordern wahrscheinlich ihren Tribut. Leider gibt es in Afrika wenig Gespür für Ökologie. Man hört neuerdings sogar von Plänen, in Zukunft in der Region Uran abzubauen. Dann werden die Krebserkrankungen wohl noch häufiger.

Vielen Dank, Frau Schenk. Wir profitieren als Kirchengemeinde enorm von den internationalen Einblicken, die wir durch Missionarinnen wie Sie gewinnen. Gott segne Sie und Ihre Arbeit – in Afrika, wie auch in den nächsten Monaten hier in Deutschland.

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