Gleich von mehreren Absendern erhielt ich gestern einen Podcast-Link zugesandt mit einem Beitrag von Peter Hahne. Der TV-Journalist und Verfasser von mehreren christlichen Büchern gehört zu den prominenten Impfgegnern, die aus ihrer Meinung keinen Hehl machen. In dem Interview scheut er auch vor Beleidigungen nicht zurück, er spricht von „Wahnsinn“ und „Blödsinn“, von „Volksverführung“ und „irrsinnigen Thesen“, vergleicht die aktuellen Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen mit den Demos 1989 gegen das DDR-Regime…
Doch auch auf der Gegenseite werden die rhetorischen Attacken immer schärfer. Als wären die Ungeimpften verantwortungslose „Pandemietreiber“. Ja, man ist ohne die Impfung als Infizierter nachweislich länger ansteckend als die anderen. Aber die schnelle Ausbreitung des Virus lag vorrangig am Verhalten der Menschen, nicht an deren Immunitätsstatus! Auch Geimpfte können infektiös sein und andere anstecken, wenn sie den gebotenen Hygieneschutz missachten.
Es darf und soll diskutiert werden, niemand erwartet eine Einheitsmeinung! Ich persönlich plädiere mehr denn je für die Impfung – und das nicht aus „Regierungstreue“ oder „Denkfaulheit“, sondern anhand der mich überzeugenden Argumente der internationalen Wissenschaft und deren veröffentlichten Studien. Aber ich plädiere genauso leidenschaftlich dafür, weiterhin die Vielfalt der Meinungen zuzulassen! Gerade uns Christen steht es gut zu Gesicht, wenn wir aufmerksam einander zuhören und sachlich die Argumente des anderen abwägen. Das meinte Jesus mit seinem berühmten Satz „Selig sind die Friedfertigen, denn sie sollen Gottes Kinder heißen“ (Mt 5,9). Friedfertigkeit ist nicht zu verwechseln mit Profillosigkeit oder Meinungslosigkeit. Es geht stattdessen um die Unterscheidung zwischen Sache und Person. Deshalb: lasst uns freundlich bleiben!
Momentan erinnert der Streit zwischen Impf-Verfechtern und Impf-Gegnern an einen Grabenkrieg, wo sich beide Seiten eingebuddelt haben, um den anderen aus sicherer Position beschießen zu können. Dazwischen liegt das Niemandsland der Kontaktbeschränkungen. Es gibt kaum mehr Gespräche, keine echten Begegnungen miteinander.. Leider gab es am zurückliegenden Christfest auch keinen „Weihnachtsfrieden“ wie in den Schützengräben von 1914. Der unversöhnliche Zwist reicht bis in die Familien hinein.
Deshalb mein Vorschlag: wie wäre es, den Streit eine Zeitlang einfach ruhen zu lassen und eine Frist zu vereinbaren, nach der Bilanz gezogen werden kann?
Dann können beide Fragen mit verbesserter Datenlage beurteilt werden:
1. War der staatliche Eingriff sinnvoll?
Haben sich die Impfungen tatsächlich als wirksames Mittel gegen die Pandemie erwiesen?
Zur möglichst sachlichen Beurteilung schlage ich das Heranziehen von internationalen Zahlen vor (Impfquote, Inzidenzen, Anteil der schweren Verläufe).
2. War der staatliche Eingriff erlaubt?
Oder handelte es sich um einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit? Die Spontanreaktionen auf die Impfung sind bereits bekannt. Spätestens in wenigen Monaten sollte auch ein Konsens erreicht werden können, ob man von negativen „Spätfolgen“ der Impfung reden kann.
Ich habe immer noch die Hoffnung, dass man nach einer solchen Bilanz wieder zueinanderfinden kann. Das wird nicht ohne das Eingestehen von Irrtümern geschehen. Ja, ich schließe auch persönlich nicht aus, irgendwann eine Fehleinschätzung eingestehen zu müssen – sollten sich die aktuellen Annahmen im Rückblick als unzutreffend erweisen.
In der Hoffnung auf einen versöhnlicheren Umgang mit Meinungen und Gegenmeinungen grüßt Sie Ihr
Peter Rostan