Voraussichtlich schon in der kommenden Woche wird unser Altarraum renoviert. Die ursprünglich weiße Wand ist längst fleckig geworden, hinzu kamen Wasserspuren nach dem Hagelsturm. Wir freuen uns auf einen neuen, glatten Putz, der mit Unterstützung der Firma Astfalk nicht nur im Altarraum, sondern auch an der ganzen Ostseite der Kirche angebracht wird.
Noch der alte Kirchengemeinderat hat entschieden, das große Holzkreuz, das nun für die Wandrenovierung abgenommen werden muss, nicht wieder anmontieren zu lassen, sondern gegen eine deutlich kleinere Ausführung zu ersetzen. Dabei waren gestalterische und praktische Argumente leitend:
Das große Kreuz war schon immer überdimensioniert. Seine Proportionen passen nicht zum davor stehenden Altar – der seit der Vergrößerung des Altarpodestes nochmals zierlicher wirkt.
Das sehr große Kreuz stammt aus der letzten großen Innenrenovierung, die Anfang der Sechzigerjahre stattfand. Vermutlich wurde damals diese Größe gewählt, um damit einen Ersatzakzent zu setzen für das ebenfalls sehr große Fresko (vgl. das Bild von 1940), das der Umgestaltung der Kirche weichen musste. Außerdem ist der Schnittpunkt der beiden Kreuzbalken genau dort, wo sich vorher noch die Kanzel befand. Die Gottesdienstbesucher erhielten in dem Kreuz einen Ersatz für ihre gewohnte Blickrichtung. Ohne diese Vorgeschichte wäre das Kreuz mit hoher Wahrscheinlichkeit schon damals deutlich kleiner ausgefallen.
Die frei werdende Fläche über dem kleineren Kreuz kann nun als Leinwand dienen.
Nicht nur für die Projektion neuer Lieder brauchen wir in der Kirche eine geeignete Leinwand. Es steht außer Frage, dass sich die Hör- bzw. Sehgewohnheiten der Menschen in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Sie sind es längst gewohnt, Inhalte nicht nur über Sprache, sondern auch visuell vermittelt zu bekommen. Man vergleiche dazu nur die veränderten Titelseiten großer Zeitungen. Selbst die seriösesten Blätter sind längst nicht mehr so textlastig, sondern bauen auch auf anschauliche Fotos auf. Die nachwachsenden Generationen können kaum mehr einer 15-20 minütigen Predigt folgen, wenn sie nicht durch Grafiken oder auch durch eine Sichtbarmachung der Gliederung ergänzt wird. Aber auch die älteren Besucher wissen es zu schätzen, wenn zum Beispiel der Predigttext mitgelesen werden kann. Außerdem bietet eine Leinwand die großartige Chance, Bildbetrachtungen in Gottesdienste zu integrieren.
Bisher waren diese visuellen Elemente nur möglich um den Preis einer hässlichen, den Altarraum verunstaltenden Leinwand. Der ganze Gottesdienst war dann von ihr geprägt. Jetzt kann bei Bedarf projiziert werden, ohne dabei die Ästhetik des Raumes zu beeinträchtigen.
Wir freuen uns, dass der gelernte Schreiner Thomas Ritter in Zusammenarbeit mit anderen Ehrenamtlichen für die Gemeinde ein neues, kleineres Kreuz fertigt, das direkt nach Abschluss der Renovierung im Altarraum montiert werden kann.
Der Kirchengemeinderat hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie reifte in mehreren Sitzungen, die über ein halbes Jahr verteilt waren. Dazwischen fand die große Gemeindefreizeit statt, wo etwa sechzig Gemeindeglieder aus allen Generationen anhand einer Fotoserie aus unserer Kirche ausführlich über dieses Thema diskutierten und einmütig zu dem Ergebnis kamen, dass die Vorteile eines kleineren Kreuzes die Nachteile einer Veränderung gegenüber dem gewohnten und damit lieb gewonnenen Blick überwiegen. Man war sich einig, dass das bisherige Kreuz ersetzt werden muss. Strittig war nur, wie das Neue aussehen solle. Inzwischen wurde entschieden, eine schlichte, nur behutsam veränderte Form zu wählen.
Uns ist bewusst, wie sensibel das Thema ist. Denn viele in unserer Gemeinde verbinden gerade mit dem Blick auf das Kreuz wertvolle geistliche Erfahrungen.
„Lasset uns auf Jesus sehen!“, war und ist die Losung, der sich die Gomaringer Gemeinde verpflichtet sah und – hoffentlich! – immer noch verpflichtet sieht! Denn „wir wissen nichts, als Christus, dem Gekreuzigten“ (1.Kor 1), niemand sonst soll uns leiten und festhalten, als unser Herr, der am Kreuz Versöhnung stiftete und den Weg zu Gott öffnete.
Deshalb wollen wir weiter das Kreuz großmachen, auch bei einem kleineren Altarkreuz. Wir wollen uns weiter unter dem Kreuz versammeln, wenn wir Abendmahl feiern, wollen weiter unsere Schuld ans Kreuz bringen, wenn wir Jesus um Vergebung bitten.
Sicher wird es in den nächsten Wochen viele Gespräche geben – wie bei jeder Veränderung im Kirchenraum. Im Namen des Kirchengemeinderates bitte ich die Gemeinde sehr herzlich um eine wohlwollende Haltung, die nicht nur von der Trauer über den Verlust von Vertrautem, sondern auch von der Freude über die Möglichkeiten des Neuen geprägt ist. Und Sie werden sehen: es wird nicht lange dauern, dass wir uns alle an das neue Altarkreuz gewöhnen werden. Soviel sei schon verraten: den beteiligten Handwerkern ist ein guter Entwurf gelungen.
Dieses Bild von ca. 1905 zeigt die Kirche noch ohne das später entstandene Fresko.
Und noch eine Veränderung sei genannt:
Ebenfalls noch der alte Kirchengemeinderat hat entschieden, das graue Lichtsegel, das vor ca. zehn Jahren aufgehängt wurde, nun wieder abzumontieren. Das Segel war von Anfang an eine Enttäuschung, da es nicht den lichttechnischen Effekt erfüllte, den man sich eigentlich davon versprochen hatte. Stattdessen hat es ästhetisch den Kirchenraum nicht gerade verbessert… Das Segel wird nun entfernt, stattdessen wieder die beiden Pendelleuchten aufgehängt. Außerdem wollen wir nach Möglichkeit die Strahler des Lichtsegels weiterverwenden und in die Kirchendecke einlassen, sodass sie optisch unauffällig sind und von oben gewartet werden können. Ergänzend sind zusätzliche Strahler im Gespräch, die auf Höhe der Emporenbrüstung seitlich oder auch hinten montiert werden könnten, um bei Bedarf die Gesichter der Personen im Altarraum aufzuhellen. Dafür suchen wir zurzeit noch eine gute, möglichst blendfreie Lösung.
Peter Rostan