Eine Großfamilie mit 35.000 Kindern

Esther und Charles Mully waren in der Karwoche hier in Gomaringen

Es begann für Gomaringen vor 32 Jahren. Klaus Schäfer war in Kenia und lernte sort die Anfänge von MCF – Mully Children’s Family kennen. Schon bald gelang es ihm, auch in seiner Heimat Mitbegeisterte für das Projekt zu gewinnen.

Seither ist viel passiert – wovon sich das große Publikum in der Kulturhalle durch Erzählungen und Filmsequenzen überzeugen konnte.

Mullys mit Julia Schäfer (Übersetzung) und Martin Schenk (Moderation)

Heute ist Esther Mully die „Mutter“ von insgesamt rund 35.000 Kindern – wenn man zu ihren eigenen acht Kindern all jene hinzuzählt, die im Laufe der Jahre als einstige Straßenkinder in die große Mully-Familie aufgenommen wurden.

Charles Mullys Kindheit war von grausamer Armut geprägt. Sein Vater war Alkoholiker. Eines Tages verschwanden die Eltern mit den jüngeren Geschwistern des damals sechsjährigen Charles über Nacht – und ließen ihn allein zurück. Es fehlte ihm an allem: Nahrung, Kleidung, Obdach – vor allem aber an Geborgenheit und einem Zuhause.

Zehn Jahre lang lebte er auf der Straße. Schließlich wollte er sich das Leben nehmen – aus Verzweiflung und aus Hass gegenüber seinem Vater. Doch ein Unbekannter hielt ihn davon ab und brachte ihn in Kontakt mit einer christlichen Gemeinde. Dort hörte er zum ersten Mal von der Liebe Gottes, von Vergebung und von Hoffnung. Diese Botschaft berührte ihn tief – so sehr, dass er sich sogar innerlich mit seinem Vater versöhnen konnte. Das wurde zum ersten Baustein einer tiefgreifenden Lebensveränderung.

Es folgte eine überraschend steile wirtschaftliche Erfolgsgeschichte: vom Kleinbusfahrer zum Besitzer eines Busunternehmens, vom Immobilienmakler bis zum international tätigen Öl- und Gaslieferanten in Kenia. Bereits mit 28 Jahren konnte Charles seiner Familie ein schönes Haus bauen.

Doch mit 40 Jahren erlebte er eine erneute, radikale Wende. Mit erstaunlicher Klarheit spürte er den Ruf Gottes, sich um Kinder zu kümmern, die das gleiche durchmachen mussten wie er selbst damals. Er wusste, was das bedeutete: seinen Wohlstand, sein Ansehen und sein gesichertes Leben aufzugeben, um etwas völlig Neues zu beginnen.

Am 17. November 1989 machte er Ernst: er ging nachts in ein Slumgebiet und kam mit drei Straßenkindern zurück– sie schliefen unter Plastikplanen. Eine riesige Herausforderung auch für seine Frau Esther, die diesen Weg mitging – als Mutter und als Krankenschwester, denn viele der nachfolgenden Kinder litten unter schweren Hautkrankheiten.

Heute ist aus dieser anfangs noch kleinen und ziemlich improvisierten „Familie“ ein großes Werk geworden: MCF betreibt mehrere Standorte, Ausbildungszentren, medizinische Einrichtungen, ein Krankenhaus, leistet akute Katastrophenhilfe bei Dürreperioden und bietet langfristige Förderprogramme für begabte Jugendliche an, die in verantwortliche Aufgaben hineinwachsen sollen.

Auch die Eltern der Kinder werden inzwischen gezielt unterstützt – unter anderem durch landwirtschaftliche Schulungsprogramme –, um die Not der Straßenkinder möglichst im Vorfeld zu verhindern.

Finanziert wird diese umfassende Arbeit zum Teil durch lokale Einnahmen aus Landwirtschaft und kleinen Betrieben unter dem Dach von MCF. Doch ohne internationale Unterstützung wäre vieles nicht möglich.

Der Abend in der bis auf den letzten Platz gefüllten Gomaringer Kulturhalle war eine tief beeindruckende Präsentation dessen, was in Afrika möglich ist – wenn zwei Faktoren zusammenkommen: die Begabung von einheimischen Führungspersönlichkeiten wie Charles und Esther Mully und die segnende Hand Gottes, der MCF all seinen Erfolg verdankt.

Besonders lebendig war auch die Begegnung mit Karichu, einem jungen Mann, der vor 15 Jahren als Kind von der Straße gerettet und in die große Mully-Familie aufgenommen wurde. Er zeigte sich als hochbegabt und lernte – mit Hilfe deutscher Volontärinnen – sogar Deutsch. Heute lebt und arbeitet er in Tübingen bei den Stadtwerken als Monteur. Sein kurzer Auftritt auf der Bühne war ein sprechendes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn man Kinder rechtzeitig aus dem Elend holt – und ihnen Chancen schenkt, die sie ergreifen können.

Wir als Kirchengemeinde möchten weiterhin als deutsches Zentrum für die Spendenverwaltung zur Verfügung stehen. Ein herzliches Dankeschön an unsere Verwaltungsmitarbeiterinnen, die diese wichtige Aufgabe mit großer Sorgfalt und Freude übernehmen – und vor allem auch ein großes Danke an Walter Schäfer, der zusammen mit seiner Frau Monika hier vor Ort die zentrale Rolle in der Förderung von MCF spielt!

Weitere Informationen finden Sie in diesen beiden Zeitungsartikeln anlässlich eines Pressegesprächs im Gomaringer Rathaus:
GEA-2025-04-17
Tagblatt 2025 04 15

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