Diese Einladung zum Mittagessen war für mich ein echtes Erlebnis – eine leckere Mahlzeit bei Familie Schäfer, verbunden mit lebendigen Geschichten und einer berührenden Begegnung. Seit knapp einer Woche ist Dr. Charles Mully, Gründer der Mully Children’s Family in Kenia, mit seiner Frau Esther zu Gast bei Schäfers in Gomaringen. Ich durfte an diesem Tag ebenfalls mit am Tisch sitzen – als Pfarrer und als jemand, der unsere lange Verbindung zu Kenia mit großem Respekt begleitet.
Monika Schäfer erzählte mir anfangs eine kleine Geschichte: Auf demselben Platz, auf dem an diesem Tag Charles Mully saß, hatte früher ihr Großvater Karl Beck seinen festen Sitzplatz. Karl Beck – vielen noch bekannt als einstiger CVJM-Vorsitzender und aufrechter Bürgermeister – hat unser Dorf und unsere Kirchengemeinde in der Nachkriegszeit geprägt wie kaum ein anderer. Und nun saß hier Charles Mully – ein Mann, der auf ganz eigene Weise Verantwortung übernimmt und Menschen prägt, wenn auch auf einem anderen Kontinent. Es war für mich ein symbolischer Moment.
Charles Mully ist inzwischen 76 Jahre alt, und ja, die zehn Jahre seit unserer letzten Begegnung sieht man ihm an. Aber seine Vitalität und Begeisterung haben nichts von ihrer Kraft verloren. Auch wenn ich nun auf seiner rechten Seite sitzen musste – das linke Ohr hört nicht mehr so gut – war er ganz präsent. Und wer weiß, vielleicht hat er ja noch viele, viele Jahre vor sich. Immerhin ist seine Mutter 99 Jahre alt, seine Schwiegermutter 102 – und die Großmutter von Esther wurde sogar 116 Jahre alt. Wir können also durchaus hoffen, dass wir noch lange mit Charles Mully zusammenarbeiten dürfen, auch wenn sich bei dem großen Projekt in Kenia natürlich längst ein Generationswechsel abzeichnet.
Und als er von seinem Herzensanliegen sprach, war sein fortgeschrittenes Alter nicht zu spüren: Die nächste Generation gewinnen, für den Glauben an Jesus Christus und für die Übernahme von Verantwortung.
Mit leuchtenden Augen erzählte er von Sportangeboten, Musikgruppen, informellen Treffpunkten – und einer doppelten Botschaft, die ihn antreibt und die wir als Christen weitergeben können, egal in welchem Land: Love and Hope, Liebe und Hoffnung. Es war inspirierend zu hören, mit welchem Herzblut er sich immer noch für die Jugend in Kenia engagiert – und wie sehr ihn die Idee einer lebendigen, jugendnahen Gemeindearbeit auch hier bei uns interessiert.
Besonders stark freute ihn mein kurzer Bericht über ein Gomaringer Projekt, das vielleicht auch den Namen „Children’s Family“ tragen könnte: den Kinderbauernhof mit seinem Auftrag, Kinder zu stärken, ihnen mit tiergestützter Pädagogik Stabilität zu vermitteln und dabei auch das Evangelium von Jesus Christus zu bezeugen. Sofort fühlte er sich mit dieser wunderbaren Einrichtung verbunden. „We will pray for them“, versprach Mr Mully.
Doch es blieb nicht nur bei Mutmachendem. Als wir auf die aktuelle politische Lage zu sprechen kamen – insbesondere auf die Auswirkungen der US-Wahl auf Afrika – wurde er ernst. Die amerikanische Hilfe für Afrika ist drastisch zurückgegangen. „He doesn’t care about us“. Trump interessiert sich nicht für uns Afrikaner“, sagte Mully unverblümt. Das entstehende Vakuum werde nun höchstwahrscheinlich von China gefüllt – wirtschaftlich, politisch und strategisch. Und selbst wenn sich das politische Blatt in den USA wieder wendet: Die chinesische Präsenz in Afrika wird bleiben.
Trotz dieser sicher berechtigten Sorge blieb unsere Begegnung von Herzlichkeit und Hoffnung geprägt. Und dann kam sie – die Einladung, die Charles mit leuchtenden Augen aussprach, unterstützt von dem so freundlichen Nicken seiner Frau: Ob ich als Pfarrer von Gomaringen nicht einmal nach Kenia kommen wolle? Die Arbeit vor Ort anschauen, die Verbindung vertiefen? Schließlich verbindet uns schon seit 32 Jahren eine Partnerschaft – aber noch nie war ein Gomaringer Pfarrer vor Ort.
Zusagen konnte ich ihm nichts. Aber ich habe ihm versprochen, darüber nachzudenken und es auch im Gebet zu prüfen. Und wer weiß: Vielleicht wird ja noch was draus. aus diesem Gedanken ja eines Tages Wirklichkeit.